Halloooo Echooo... ist noch jemand hier?

15Okt2022

Ja moin, Ihr Feudel der Leidenschaft!

Lange nichts gehört, denkt Ihr Euch und ich mir und wir uns. Jaaa, ich weiß... es tut mir leid, ok?

2,5 Jahre gehen schnell um in so einer Pandemie.

Ich hoffe, Ihr habt es alle gut überstanden?!

Ich dachte, ich update mal diesen Blog, da mein Studium nun ins fünfte Jahr geht und meine Zeit hier sich daher dem Ende zuneigt.

Ich habe mir eben nochmal ein paar Einträge angeschaut und ich muss sagen... ich kenne diese Person nicht mehr. Ich befürchte, die Anni von 2020 ist unterwegs verloren gegangen, um nicht zu sagen, sie hat den Löffel abgegeben. Als ich dachte, mein Leben hätte sich um 180° gedreht, lag ich falsch!

Mein Leben damals war ein bisschen erschüttert von den Einschlägen der Realität.. vielleicht ein bisschen wie ein wilder Ritt in einer Achterbahn. 

Heute ist mein Leben mehr wie der bunte Haufen Kotze eines Kindes, welches in besagter Achterbahn mitgefahren ist und vorher allerlei bunten Süßkram verspeißt hat. Es hat seine guten und schlechten Aspekte... das gute sind die bunten Süßigkeiten. Der Rest ist halt die Kotze. Schlechtes Beispiel.

In ein paar Tagen werde ich 31 und ich stecke in einer tiefen Existenzkrise.

Ich hatte schon immer Schwierigkeiten, mich auf Dinge zu fokussieren, die mir keine Freude bereiten. Lernen ist eines dieser Dinge.. und das stellt natürlich ein massives Problem dar in einem Studium.

Meine besten Freunde hier in Varna (Nisa und Frank aus meiner Seminargruppe) haben mir letzten Sommer während unserer Famulatur in Varna so ganz nebenbei gesteckt, dass ich ja mit ADHS diagnostiziert sei.

War ich nur nicht. Ich war ein bisschen überfahren, um ehrlich zu sein. Aber daraufhin habe ich mich in das Thema eingelesen und mich schlau gemacht. Und ich habe mich darin sehr sehr sehr wiedererkannt. 

Im darauf folgenden Winter hatte ich dann eine extreme Winterdepression und war extrem irritiert, da es in meinem persönlichen Umfeld ein paar Veränderungen gab, mit denen ich auf Grund der vorangegangenen Ereignisse in Varna nicht gut zurecht kam.

Um es kurz zusammen zu fassen: Sarah, Joony und einige andere zuvor erwähnte Freunde/Bezugspersonen sind nicht mehr Teil meines Lebens. Was ich damals nicht verstanden habe, immer noch nicht ganz nachvollziehen kann, aber ich habe es akzeptiert.

Mein Fels in der Brandung, der Kern meiner Kontakte und meine Ersatzfamilie in Varna war und wird immer meine Seminargruppe sein. Group 11E forever!

Jedenfalls haben mich diese Verluste und Konflikte sehr belastet. Ich gebe es nicht gern zu, aber ich komme mit Zurückweisung nicht so gut zurecht, wenn sie von Menschen kommt, die mir wichtig sind. Bei allen anderen ist es mir ziemlich Banane, was sie denken und ob sie mich mögen oder nicht.. aber wenn ich jemanden lieb habe, interessiert es mich schon.

Und damals fühlte ich mich grundlos verstoßen. Auch jetzt nach Jahren und vielen Überlegungen kann ich es nicht verstehen... aber egal. It is what it is.

Jedenfalls als ich letztes Jahr 30 wurde und ich meinen damaligen Freund H. pandemiebedingt auch schon fast ein Jahr nicht mehr gesehen hatte und er sich zu meinem Geburtstag nicht einmal gemeldet hatte, habe ich Schluss gemacht.

Im Leben hätte ich mit Mitte 20 nicht gedacht, dass ich mir nochmal solche Eier wachsen lasse. Es war immer meine größte Angst, mit 30 single zu sein.

Jetzt war ich also 30, single, kinderlos, ohne Ausbildung und absolut verunsichert. 

Ich war schon so weit, dass ich gesagt habe, dann suche ich mir halt einen Samenspender und dann bekomme ich nach dem Studium einfach allein Kinder.

Den Stress wollte ich mir einfach nicht mehr geben. Wer braucht schon Männer?!

Naja.. jedenfalls spürte ich in der Zeit nach meinem Geburtstag (Ende Oktober) einen Shift in der Gruppendynamik und in meinem Umfeld. Irgendetwas hatte sich verändert und ich konnte nicht den Finger drauf legen, was es war. Sorry falls ich hier englische und deutsche Redewendungen vertausche.. in meinem Kopf ist das alles inzwischen ein Brei. -Lisa, 18, war ein Jahr in Australien.

Ehm, wo war ich? Achja... Veränderung der Energien. Das klingt jetzt esoterischer als ich es meine. Ich denke mal Ihr kennt das alle, wenn sich im Umfeld die Dynamik verändert und man damit nicht ganz auf einer Wellenlänge ist..

Jedenfalls hat mich das so sehr beeinflusst, dass ich meinen Platz innerhalb meiner Freundesgruppe nicht mehr finden konnte. Ich habe mich zurückgezogen und habe alles persönlich genommen. Das hat natürlich zu vielen Konflikten und Reibereien geführt. Die haben mich nicht verstanden und ich sie nicht. Absolutes Chaos. Es war wirklich schlimm. Ich habe mich sehr allein gefühlt, weil diese Menschen alle Kontakte waren, die ich hatte. Bis auf das Fußballteam.

Achja! Ich spiele jetzt Fußball, Leute. im März 2021 hat mein Gruppenfreund RJ ein Frauenfußballteam für Anfänger und eines für Fortgeschrittene gegründet. Unter der Flagge der Turtle Society haben Nisa und ich damal an unserem ersten turnier teilgenommen. Ich bin Torwartin und anscheinend garnicht schlecht in meiner Position. Nennt mich Manuela Neuer😏. Ich bin dann auch schon bald ins Fortgeschrittenenteam befördert worden. Und ich muss sagen, Fußball macht mir wahnsinnigen Spaß und das Team besteht aus großartigen jungen Frauen und tollen Coaches! Go FC Turtles!⚽️🐢 Demnächst soll es auch ein Damenteam für die Uni geben. Ich werde mein Glück versuchen... mal sehen, ob ich ins Uniteam aufgenommen werde.

Auf jeden Fall hat mir das Fußballtraining in dieser Zeit sehr gut getan und mich etwas geerdet. Ohne wäre es sicherlich viel schlimmer gewesen.

Meine Hündin Emma, die ich hier auf der Straße gefunden habe als sie 1,5 Monate alt war hat mir auch beigestanden.

Jedenfalls war es so schlimm, dass ich es gemeinsam mit meiner Konzentrationsschwäche nicht mehr managen konnte. Mit dem Verdacht ADHS zu haben habe ich dann über den Dekan einen Termin in der Psychiatrie für eine Evaluierung gemacht. Weil ich mir einfach sicher war, dass ich das vierte Jahr nicht schaffen werde, wenn es so weitergeht.

Das war im April diesen Jahres. Ich bin also zu diesem Termin gegangen und habe zwei Psychiatern alles erzählt. Meine Probleme und meine Alltagsschwierigkeiten... dass ich ständig am rumrennen bin, mich nicht auf eine Sache konzentrieren kann, immer 10 Sachen gleichzeitig mache und nichts zuende... etc. Alles, was ich halt so mache. Alles was ADHSler auch tun.

Plottwist.

Nach dem Gespräch guckt Frau Dr T. mich an und sagt ich hätte zwar Symptome für ADHS, aber für Kinder. Und dass ich, weil ich schon erwachsen bin kein ADHS haben kann.

Ich glaube, die Forschung sieht das inzwischen anders, aber wer bin ich, ihr zu widersprechen... also nehme ich ihre Diagnose hin: Bipolar affective disorder Type II.

Ja gut. Zack ist man bipolar. Shit happens. Fun fact: nur 0,4 % der Weltbevölkerung sind davon betroffen und damit gelte ich als neurodivers, oder wie ich es nenne 'neurospicy'. Hallo I bims 1 Snowflake.

Lustigerweise sind 60% der betroffenen auch ADHSler bzw ADSler.. Ich bleibe skeptisch.  Schließlich bin ich nicht einfach nur traurig, weil ich traurig bin. Ich wache nicht morgens auf und bin traurig. Ich bin traurig, wenn ich einen Grund habe.

Naja gut. Sie wird schon wissen, was sie tut. Jedenfalls nehme ich jetzt Medikamente, die meine Hypomanie unter Kontrolle halten sollen, damit ich mich konzentrieren kann.

Funfact: Ich kann mich kein Stück besser Konzentrieren obwohl ich täglich vier Pillen poppe. Dafür bin ich aber emotional sediert. YOLO

Dieses Unijahr hat mich fast aus den Socken gekickt. Ich hatte 9 Prüfungen im Sommersemester. Die Prüfungsphase hat am ersten Juni angefangen. Und für mich ging sie bis letzte Woche, weil ich dank meiner Konzentrationsschwäche durch die Prüfungen, durch die Retakes und durch die Retakes der Retakes gerasselt bin. Und selbst von den Retakes der Retakes, die mich je 100€ gekostet haben (vier davon), habe ich wiederum zwei nicht bestanden. Die darf ich im Verlauf des fünften Jahres noch für jeweils 100€ nachholen. 

Ich bin mental am Ende. Ich empfinde für dieses Studium keine Freude mehr. Ich möchte in diesem Beruf nicht mehr arbeiten. Im August habe ich meine Famulatur in Deutschland gemacht. Das Krankenhaus war toll, die Kollegen freundlich. Es war schön, den Patienten helfen zu können. Aber ich war gnadenlos überfordert und hatte durchgehend Angst, etwas falsch zu machen. Ich glaube irgendwie nicht, dass ich für einen normalen 9-5 Job geeignet bin.

Ich möchte wieder schauspielen und Musik machen. Ich wünschte, ich hätte mir nicht vorschreiben lassen, dass ich einen ordentlichen Beruf lernen muss. Ich wünschte, ich hätte mich nicht verunsichern lassen als ich meine Träume verfolgen wollte. Ich wünschte ich wäre kompromisslos gewesen als ich noch jung war und mir Fehler erlauben konnte.

Jetzt stecke ich fest in einer Karriere, die mich nicht erfüllen wird. 

Was lernen wir daraus? Verfolge deine Träume. Versuch es zumindest. Es ist dein Leben. Der Sinn des Lebens ist nicht Arbeit und Reichtum. Es ist Glück und Zufriedenheit.

Ich bin innerlich unruhig. Aufgewühlt. Ich möchte am liebsten alle Zelte abbrechen und endlich meine Träume verfolgen. Aber ich habe große Angst jemanden zu enttäuschen. Ich habe große Angst am ende allein mit nichts dazustehen.

Egal wie talentiert man ist... oder auch nicht. Damit man von Kreativität leben kann,  braucht man Kontakte, Beziehungen und großes Glück... wovon ich, wenn wir mal ehrlich sind, nichts habe.

Also was nun? Ich warte auf einen Blitzeinschlag. Eine Falltür, die sich unter mir öffnet... irgendetwas, das mir die Entscheidung abnimmt und mich in die richtige Richtung schubst.

Ihr könnt euch nicht vorstellen wie sauer ich war als ich erfahren habe, dass ich genug Prüfungen bestanden habe, um mit dem Studium fortzufahren. Innerlich hatte ich mich schon auf ein Lückenjahr eingestellt. Ich war bereit nach Hause zu kommen. Zeit mit meiner Familie zu verbringen, kleine Schauspielrollen zu ergattern, Musik zu machen, ein Buch zu schreiben und zu malen, und bei der Renovierung zu helfen und meine Babysitter Kiddies wiederzusehen.

Und dann das! "You passed."

Fuck! Ich hätte heulen können.

Ja gut. Also weiter im Akkord. Mit gefährlichem Halbwissen ins fünfte Jahr. In der Hoffnung noch irgenwie aufholen zu können, was die anderen mir mit ihren neuronormalen Gehirnen voraus haben... es sieht düster aus. Aber ich muss es wenigstens versuchen. Ich will niemanden enttäuschen.

Ich muss wenigstens einmal im Leben genug sein. Einmal im Leben etwas durchziehen und zuenede bringen. Egal wie... 

Ich weiß nur nicht, was danach kommen wird. Ich weiß es einfach nicht. Ich weiß nicht wofür ich hier kämpfe. Nicht für mein persönliches Glück jedenfalls.

Ich weiß, ich sage immer dass Menschen, die sich selbst als Künstler bezeichnen egozentrische Nervensägen sind. Aber womöglich bin ich das. Ich befürchte es. Ich bin eine Künstlerin. War es immer. Werde es immer sein.

Es ist manchmal furchtbar schmerzhaft, man selbst zu sein. Es kann beängstigend sein.

Und man möchte am liebsten die Augen zumachen und davor wegrennen. In eine Richtung, die niemandem wehtun wird. Eine Richtung, mit der alle leben können.

Aber die Wahrheit ist, diese Richtung gibt es nicht. Wenn du eine findest, die alle glücklich macht außer dir selbst, dann bist du im freien Fall mit Daumen nach oben und falschem Grinsen. Du hängst in der Luft und der Aufschlag kommt für eine Weile nicht. Aber irgendwann. Und dann ist es vielleicht schon zu spät, um dir Flügel wachsen zu lassen. Und vor allem schlägst du allein auf. Alle anderen haben ihre Flügel. Aber jeder hat nur ein paar Flügel, das bis zu 100kg trägt. Sie können dich nicht auffangen. 

Und obwohl mir das alles bewusst ist, bin ich bewegungsunfähig. Ich stecke hier fest. Was nun?

Life is hard, sagt man ja. Ist wohl so. Scheiße.